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Schwalbenschwanz Papilio Machaon
 

12.8.1995 

16.08 Die erste Raupe scheint Anzeichen von Unruhe zu zeigen. die anderen begingen ab ca. 18.00 Uhr zu fressen. Sehr akltiv in der Dämmerung. Es scheint da auf die Verpuppung zuzugehen.

 

17.08 Die erste Raupe hatte sich an das Netz des Geheges festgemacht. Da wartete sie seit dem Morgen auf das Abstreifen der Haut. Um 21.00 Uhr ist noch nichts zu sehen.

 

18.08 Raupe ist ganz verpuppt. Eine zweite macht sich gegen Abend bereit zum festmachen. Sie hat sich dazu allerdings einen Platz an der Decke gesucht. Die Unruhe der Rüebliraupen ist unübersehbar. Wenn sie einen Platz suchen, lassen sie sich manchmal sogar fallen oder besser plumpsen. Sie gehen zum Licht, um sich zu verpuppen. Den Platz suchen sie also am Tage aus. Die übrigen sieben Raupen sind noch immer am Fressen. Wenn sie aufhören mit der Nahrungsaufnahme scheinen sie ein bisschen zu schrumpfen, wahrscheinlich weil ihr Darm entleert ist. Die Raupe scheint jedenfalls viel mächtiger, als die daraus hervorgehende Puppe. Auch die Puppe ist zunächst grasgrün, doch innerhalb weniger Stunden wird sie zu einem braun. Ich gab nochmals frische Möhren. Ich denke, dass es die letzte Ration sein wird. Nun, in der letzten Phase fressen sie vor allem am Laub.

 

19.08 : 13.30 Grosse Unruhe bei den Schwalbenschwanzraupen. Sie haben ihren Darm entleert und sind von grosser Unruhe gepackt. Das Entleeren des Darmes muss sehr schnell und heftig, fast wie ein Durchfall vor sich gegangen sein. An einzelnen Stellen sieht man einen ganzen, feuchten Haufen kleben. Da die Kothäufchen der Schwalbenschwanzraupe einen Durchmesser bis zu 3 Millimeter haben können, schrumpft die Raupe natürlich bei dieser Entleerung merklich zusammen. Nun fasten sie und eilen auf der Suche nach einem Platz für die Verpuppung. Dieses Umherirren scheint nicht sehr planmässig. Es hat etwas Verzweifeltes an sich. Als ob die Raupen vor etwas Davonlaufen wollten, was in ihnen selbst steckt. Als ob sie sich abschütteln wollten. Ob sie auch so etwas wie Wehen kennen in diesem Stadium? Seltsame Wellen, von denen sie erfasst werden und sie veranlassen, alles liegen zu lassen und fortzueilen. In dieser Flucht scheint wie gesagt nichts systematisches zu liegen. Es ist, als ob die Bewegung an sich, das emsige Kriechen und der erhöhte Puls nötig sind, um sich dann müde nach der ganzen Anstrengung niederzulassen. Bei den Schwalbenschwänzen ist die Unrast umso bemerkenswerter, als sie sich zuvor nur gemächlich und äusserst sparsam bewegt haben. Plötzlich also mögen sie nicht mehr fressen, sie scheiden alle Reste der Mahlzeiten aus, und schon verschliesst sich der Magen bis zum Ende der Verpuppung. Nun wird noch ein Anker für die Nachschieber mit feinen Fäden gesponnen und zwei Anker für den Gürtel, den sich die Raupe anzieht, um als Puppe darin wie ein Bergsteiger an einer Steilwand gesichert zu liegen. Das Kleben der Fäden geschieht wieder mit der typischen Bedächtigkeit der Raupe.

 

 

24.8. Gestern habe ich die Puppen der Schwalbenschwänze separiert von den halbverdörrten Möhren und die vier Exemplare, die sich an das Fliegennetz geheftet haben auf kleinen Stäbchen festgemacht. Die vier, die auf dem schwarzen Netz klebten sind auch sehr dunkelbraun. Die drei Raupen, die sich an den Stengeln von Möhren festgemacht haben sind alle grasgrün. Hoffentlich sind die ingesamt sechs braunen Puppen nicht auch von den Raupenfliegen befallen.

 

8. September. Schon seit zwei Tagen schimmern die Flügelfarben durch die Hülle einer Puppe. Es war eine der drei grünen, die sich am Stiel einer Möhre festgemacht hatte. Sicher aber nicht diejenige, die sich zuerst verpuppt hatte. Die ersten Raupen haben sich am schwarzen Fliegennetz verpuppt. Der Falter muss am Morgen geschlüpft sein. Als ich Thomas weckte waren seine Flügel schon ganz ausgebreitet. Der Falter hatte sich so am Möhernstiel festgehalten, dass sein Mekonium genau durch die Öffnung in der Puppe, durch die er sich heraushgezwängt hatte, wie in einem Kelch aufbewahrt wurde. Es hat früh morgens zu regnen begonnen. Schlechtes Flugwetter für Schmetterlinge. In der Küche der Wohnung hat sich in der Nacht eine grosse Anzahl von Wespen in Sicherheit gebracht. Die Wespen sind fast über Nacht in Berlin erschienen. Eigentlich erst seit ein paar Tagen, seit dem Ende der regnerischen Zeit, sind sie überall und in grosser Zahl anzutreffen. Gleichzeitig mit dem Schwalbenschwanz sind auch die Raupenfliegen, die in den Puppen des Pfauenauges geschlüpft und die Schlupfwespen, die in der raupe des Admirals gefressen haben. Die Landkärtchen sind noch nicht ausgeschlüpft. Verpuppungszeit ca. 19 Tage.

 

 
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