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25.9.95
15.25 Es war mal ein kleiner Junge, der lebte in einer riesigen Stadt, wo
alles ganz geordnet schien. Es gab da eine Strassenbahn die meist sehr
pünktlich war, die Schule begann meist ganz genau zu einer bestimmten
Zeit. Die Häuser waren alle ganz gerade und im Winkel gebaut. Die
Abfallreinigung kam immer am Mittwoch zur gleichen Zeit, und auch auf dem
Spielplatz war alles ganz geregelt. Die Schauckel schauckelte immer ganz
genau und auch auf dem Robinsonspielplatz waren immer Bretter da und
Nägel und auch Werkzeug, Man durfte aber keine leeren Bierdosen als
Schindeln an die Wände nageln. Natürlich sagte man nicht, dass man das
nicht durfte, schliesslich war das ja ein Robinsonspielplatz und da durfte
man ja alles, aber das schlimme war, dass man gar nicht mehr auf die Idee
kam, dass man die leeren Cola- und Bierdosen flachdrücken und als
Dachziegel brauchen könnte. Ja, das war das schlimmste, dass man da auf
solche Ideen gar nicht kam. Also der Junge, ich weiss jetzt auch nicht
weshalb, der hatte das jedenfalls gemerkt, dass er an gewissen Orten nicht
mehr auf gewisse Ideen kam, und deshalb spielte er auch nur dann auf dem
Spielplatz, wenn dort seine Freunde spielten, er machte bei den
Häuserarbeiten im Robinsonspielplatz nur mit, wenn seine Freunde dort
waren, sonst aber schlenderte er in den Strassen umher und hielt Ausschau.
Eigentlich war das alles, was er tat: Er hielt Ausschau. Er kannte ja die
Geschichte von Robinson genau. Ehrensache. Er wusste, dass der ganz
alleine auf seiner Insel lebte, und dass er immer Ausschau hielt. Also auf
dem Robinsonspielplatz hatte es ihm entschieden zu viel Freitage. Wenn er
zur Tür des Hauses rauskam, wo er wohnte - das war ein nicht gerade gut
erhaltener Block, an welchem der Putz bröckelte, - dann sah er zuerst in
die eine Richtung und dann in die andere. Er hielt jetzt Ausschau. Es ging
darum ein Schiff zu entdecken, irgend ein Schiff das ihn hier vom Gehsteig
mit den Granitplatten wegbringen könnte. Für ihn war alles, was er noch
nicht kannte, ein Schiff. Sah er zum Beispiel ein Auto, das er nicht
kannte, dann war das ein Schiff. Wo immer er ein Schiff sah, da ging er
auch hin. So stand er also vor der Tür und hielt Ausschau nach einem
Schiff. Die Baustelle am Nebenhaus kannte er schon. Da war eine Absperrung
drum herum, ein Betonmischer, ein Gerüst, das das ganze Haus einkleidete,
ein Lift, der am Gerüst entlang Zement und Ziegel nach oben brachte. In
der Mitte stand eine Art
Zirkuswagen, wo die Bauarbeiter über Mittag ein Bier tranken. Bauschutt
lag in riesigen Containern, die wie gestrandete Krokodile mit offenen Mund
auf den Parkplätzen standen. Das kannte er aber alles. Auch den Funkturm,
der hinter den Häusern in den Himmel ragte. Also entschied er sich in die
andere Richtung zum Mauerstreifen zu gehen. Meistens ging er da hin. Die
Chance auf die Sichtung eines Schiffes schien ihm da am grössten. Er war
sehr freundlich, und das kam ihm beim Ausschau halten zu Hilfe. Er
grüsste nämlich alles, was er sah. Und zwar mit dem Namen und wenn er
mal den Namen nicht wusste, dann musste er einen erfinden. Das war sein
Spiel. Und er kannte ja schon eine Menge. Gleich vor dem Eingang war der
Ahorn, „Guten Tag Ahorn“, „Guten Tag Robin „ Er wartete natürlich
immer darauf, dass ihn die Dinge auch zurückgrüssten. „Guten Tag
Breitwegerich“, „Hallo Robin“, „Guten Tag Granitplatte „,
„Guten Tag Robin“. Er grüsste auf den paar Schritten bis zur Kreuzung
zur Rheinsbergerstrasse hintereinander einen VW Polo, zwei
Strassenschilder, einen Löwenzahn, einen Lindenbaum, einen Autoanhänger,
mehrere Opel, Fiat, Fords, viele Fenster, die Vorhänge dahinter, eine
Wolke, die Sonne, eine Fliege, ein Kaugummipapier, doch was war da? Auf
der gegenüberliegenden Strassenseite hatte es in der Häuserreihe ein
Zahnlücke. Die war ja nicht neu. Er wusste, dass da zwischen der
Hausnummer 54 und 52 ein Haus fehlte. Die Nummer 53. Von einer Bombe hatte
man ihm gesagt. Im Zweiten Weltkrieg. Da wäre das Haus eingestürzt. Das
konnte er aber nicht glauben, dass man sowas tat. Ja schon, in den Videos
und Computerspielen, aber hier an seiner Strasse? Robin wusste, dass das
Haus Nummer 53 nicht zerbombt war, dass auch die Leute, die darin ihre
Wohnungen hatten und auch ein kleiner Laden, der sich im Parterre befand
mit einem Schiff weggefahren waren. Das ganze Haus ausgelaufen. In einem
Album hatte er bei sich zuhause Bilder von grossen Schiffen. Und meist sah
man darauf Aufbauten, die genau wie Häuser aussahen. Es war also klar,
dass man mit diesen Schiffen Häuser transportierte. Die 53 war also auch
weggebracht worden. Nur wusste er nicht genau wohin. Aber das würde er
bestimmt noch herausfinden. Die Häuserreihe war da also unterbrochen,
zwischen der Hausnummer 54 und 52. So lange konnte das noch nicht her
sein, dachte Robin. Sonst hätte man doch hier nicht noch eine Nummer
freigelassen für ein Haus, das es gar nicht gibt. Die mussten also wissen
dass es noch da war und warteten vielleicht nur, bis es zurückkam. Fein
säuberlich war das Haus aus der Reihe entfernt worden, wie einen
Bauklotz. Die fensterlosen Seitenwänd waren glatt und kahl. An der
Seitenwand vom Haus Nummer 52 war eine sehr grosse Werbetafel befestigt.
Und die Reklame war neu, das sah Robin sofort. Da sah er eine halbnackte
schwarze, dürre Frau, alles in einem dunklen blauschwarzen Farbton. Die
Frau schien ihm sehr gekünstelt an einer einer ganz braunen Zigarette zu
ziehen. Dazu stand, und er musste das buchstabieren :“F-a-s-h-i-o-n
f-o-r...f-a-c-e-s“. Sehr seltsam , dachte er. Er schrieb sich die
Dinge in ein kleines Buch, das er immer mit sich trug. Das war sein
Logbuch. Doch als er eben fertiggeschrieben hatte, da nahte schon Hilfe.
Zufälligerweise, kam ihm da eben die blondgefärbte, dicke Frau Ruge auf
dem Gehsteig entgegen. „Guten
Tag Frau Ruge.“,sagte Robin. „Hallo
Robin“. „Sagen sie Frau Ruge,“ fragte Robin, um sie daran zu
hindern, an ihm vorbeizugehen, „Frau Ruge, können sie mir vielleicht
helfen.“ „Ja was ist denn geschehen“. Robin mochte zwar ihre rosarot
geschminkten Lippen nicht, aber man konnte nicht wählerisch sein, wenn
man Fragen hatte. „Was heisst denn F-a-s-h-i-o-n f-o-r f-a-c-e-s“,
Robin zeigte auf das Plakat mit der dunkelhäutigen Raucherin. „Das ist
eine Werbung für Zigaretten“ erklärte Frau Ruge. „Ja schon, aber was
heisst das“ insistierte Robin, „Also, soviel ich weiss... ich glaube
das ist englisch und heisst ...“, sie überlegte, „ich glaube das
heisst Mode, ja Fashion heisst Mode „for“ heisst „vor“ und „faces“
heisst ..... eehm .. Fäden.“ Frau Ruge wechselte ihre schwere
Plastiktragtasche von der einen Hand zur anderen. Robin nickte erstaunt
und musterte Frau Ruge prüfend von unten: „Dann heisst das also
ihrer meinung nach „Mode vor Fäden“ „Ja, genau, Mode vor Fäden“,
„Oder nicht vielleicht „Modelle vor Fäden“, „Ja vielleicht“,
„Vielleicht aber auch heisst „faces“, Fäuste“. Also frag doch mal
Deinen Papi, der weiss das bestimmt. Frau Ruge verabschiedete sich hastig,
und trug ihren Einkaufstasche ins Haus Nummer 22. Robin schaute ihr etwas
enttäuscht nach und betrachtete dann das Plakat erneut und sagte die
Buchstaben langsam vor sich her : „F-A-S-H-I-O-N
F-O-R F-A-C-E-S“. Er
war bestimmt einem grossen Geheimnis auf der Spur. Da war es doch endlich:
Ein englisches Schiff mit rätselhaftem Namen. Und die Frau sah doch aus
wie die Bugfigur der Bounty. Er war fest entschlossen, der Sache auf den
Grund zu gehen. Grüssend ging er weiter, der Strelitzer Strasse entlang
Richtung Bernauerstrasse. Aber man konnte das alles gar nicht
aufschreiben, was er da alles grüsste. Und er grüsste natürlich nicht
laut, sondern mehr in sich drin. Er überquerte die Strasse, die aus
grossen quadratischen Steinen gesetzt war. Und dann kamen noch drei
Häuserblocks bis zum Strand. Er sagte dem Mauerstreifen Strand, weil da
viel Sand war und da immer so viel Abfall herumlag, wie an einem Strand.
Da wurde alles angeschwemmt, über Nacht und man konnte da die
verrücktesten Dnge entdecken. Doch noch bevor er zum Ende der
Häuserreihe kam, sah er schon wieder ein Schiff, eine ganze Ansammlung
davon. Jemand hatte einen Berg von Schutt und Trödel einfach auf das
Trottoir geschmissen. Ein Wrack nannte er das, eine Art von
untergegangenem Schif, das ans Land gespült wurde. Da war eine grüne
Plastikwanne, ein Plastikgeschirrtropfgitter, eine
Fleischtranchiermaschine, ein alter Koffer mit abgerissenem Deckel, Darin
alte Zeitungen, eine leere Spachtelmassentube, dazu verschiedene Bretter.
Und etwas versteckt sah er eine kleine schwarze Kiste. Mit dem Fuss
entfernte er den Mül, der sie verdeckte. Es war eine kleine schwarze
Geldkassette. Auf dem Deckel befand sich ein etwas angerosteter,
silberglänzender Tragriff und ein Einwurfschlitz. Er packte die Kasette
und merkte, dass sie aus massivem Blech war, schwarz lackiert. Der Deckel
war aber offen, der Schlüssel fehlte und es befand sich nichts drin
ausser ein bisschen Staub und ein paar Holzspäne. Die Innenseite der
Kassette war Braunrot gestrichen. Man konnte sie gut als Schatztruhe
verwenden. So packte Robin den alten Geldkasten und trug ihn unter dem
Arm. Von der gegenüberliegenden Seite hatten ihn zwei Männer betrachtet,
die aus einem Fenster im vierten und im zweiten Stock lehnten, ihre
Ellbogen auf das Fensterbrett gestützt hatten und sich wahrscheinlich
fragten, ob der kleine Bengel da vielleicht eben eine Million gefunden
hätte. Das störte Robin aber nicht, denn fast zu jeder Tages und
Nachtzeit sah man hier diese Menschen am Fenster gestützt auf die Kissen
unter den Ellbogen. Nicht nur alte Frauen, schon auch viele alte Frauen,
mit zerknitterten Gesichtern und struppigen, lichten graubraunen Haaren,
aber auch junge Menschen. Manchmal schauten sie zu zweit in die Strasse
hinunter, hatten ein Kissen unter die Ellbogen gelegt, damit das
Hinauslehnen nicht so schmerzte. Robin ging mit seinem schweren Schatz
unter dem Arm ein paar Schritte weiter, wo die mächtige Häuserreihe jäh
abbrach und sich ein weiter Streifen öffnete. Die Strelitzer Strase
führte da über diesen Streifen und mündete dann in der Bernauerstrasse.
Auf dem Übergang befanden sich weniger Autos auf den Parkplätzen. Dafür
aber wurden hier immer wieder Anhänger und Lastwagen abgestellt. Einer
war grün und morsch mit einer schwarzen Kranvorrichtung. Ein ebenso
abgetakelter Laster war rot mit blauer Plane, die mit Graffities besprüht
war. Zu beiden Seiten war der Eingang zum Mauerstreifen mit einem niedern
Zaun abgegrenzt, damit keine Autos in den Streifen fahren konnten. Für
die Fussgänger aber waren in diesem Balkenzaun Öffnungen eingelassen,
durch die sie auf einen geteerten Weg gelangen konnten, der von hier über
den langen, fast endlosen Strand führte. Man hatte ihm erklärt, dass da
mal eine Mauer stand, durch welche der Ostteil der Stadt in welchem er
wohnte vom Westteil der Stadt hinter der Bernauerstrasse einst getrennt
war. Die Mauer war aber nicht mehr da. Robin hielt Ausschau, Und da
entdeckte er einen Mann auf dem Strand. Er sah ziemlich gross aus, trug
eine roten Windjacke, und ging auf dem Mauerstreifen hin und her, als
hätte er da etwas verloren. Das war aber nicht einfach, hier etwas zu
finden, weil viele hohe Unkräuter wuchsen und auch Blumen, aber
dazwischen sehr viele Bierflaschen und Getränkedosen lagen, und man
aufpassen musste, nicht auf einen Hundekothaufen zu treten. Da ging Robin
vorsichtig zu dem Mann hin. Er stand nun in der Nähe der dichten
Baumreihe, die früher auf der Westseite der Mauer stand. Dahinter hörte
man den Lärm der Autos. Ja, es war da immer viel Verkehr, denn die Autos
machten auf dem Klopfsteinpflaster ein Geräusch wie ein Trommelwirbel,
wenn sie vorbeifuhren und die Lastwagen schepperten und klapperten, weil
die Strasse so holprig war. Das war aber alles verdeckt hinter der
Baumreihe. In der Nähe dieser Bäume bückte sich der Mann. Er
betrachtete etwas, das er da entdeckt hatte. Robin trat nun näher,
stellte sich neben den Mann und sah, dass da, wo der Mann hinschaute
nichts war. Er konnte beim besten Willen nichts sehen. Nun schaute der
Mann zu ihm auf. Er trug einen Bart, hatte blaue Augen, wirkte etwas
zerzaust, aber schien ganz nett und lachte ihn an : „Was machst Du da“
fragte Robin.“ „Ich suche Raupen.“ „Raupen?“. Er sagte nur. „Aha!“.
„Siehst Du das da!“ fragte der Mann Robin. Ja, nun sah er es auch. Der
Mann hatte eine Pflanze betrachtet. „Weisst Du was das ist.“ Er zeigte
auf ein Unkraut mit mehreren, kräftigen, hohen Stengeln, auf denen
jeweils eine gewölbte Dolde mit kleinen weissen Blütchen trohnte. Einige
Dolden am Gesträuch, hatten sich aber schon eingerollt. Die waren auch
eher schon braun, fast verwelkt. Die Blätter sahen etwas zerfetzt aus,
fast wie eine alte Piratenfahne. Robin kannte die Pflanze nicht. „Das
ist eine wilde Möhre“ erklärte der Mann, „Und auf ihnen kann man mit
viel Glück die Raupe des Schwalbenschwanzes finden.“, „Aha“ machte
Robin. „Kennst Du den Schwalbenschwanz?“. „Nein“ antwortete Robin.
Der Mann suchte nun konzentriert weiter, indem er manchmal mit der Hand
Zweige von Pflanzen zur Seite schob um zu schauen, ob darunter was zu
finden sei und schliesslich, ein paar Schritte entfernt, entdeckte er
etwas. „Komm her“, forderte er Robin auf. „Hier ist eine. Siehst Du
sie. Er zeigte auf eine kleine Ansammlung von weissen Dolden. Robin
schaute da hin. Aber er konnte nichts sehen, ausser die Stengel mit den
gelappten Blättern und den weissen Dlden. „Na, da“, der Mann zeigte
auf eine der Dolden. „Siehst Du nichts“. Robin beugte sich ganz nahe
an die Dolde und dann sah er am Stengel, gleich unter der Blüte eine
Raupe. Sie sah ganz fett und dick aus, grün mit fast schwarzen Streifen
und hellroten Punkten. Sie war aber ganz ruhig und schien zu schlafen.
„Das ist die Rüebliraupe“ erklärte der Mann. Robin hörte, dass er
nicht von hier war. Er sprach sehr schlecht deutsch, für sein Alter.
„Was meinst Du mit „Rüebliraupe““ fragte Robin. „ Na,
Rüebli“, das sind bei uns in der Schweiz Karotten oder Möhren. Also
das ist die Möhrenraupe. Daraus wird einmal ein Schwalbenschwanz“. „Mhh“,
machte Robin. Das kam ihm alles reichlich seltsam vor. Der Mann aber zog
aus einem Rucksack eine Kartonschachtel hervor, öffnete den Deckel,
schnitt mit einem Messer, den Stiel der wilden Möhre unterhalb der Raupe
ab und legte sie mitsamt der Dolde in die Schachtel“. „Was machst Du
damit“. „Ich werde sie zu mir in meinen Raupenstall bringen, um sie da
zu füttern, bis sie gross ist und ein Schmetterling wird.“ „Mhhm“
machte Robin. „Willst Du mir helfen, noch weitere Raupen zu finden?“
Robin überlegte. Er hatte ja nichts weiters vor, aber er überlegte
dennoch zuerst mal ausgiebig.“Okay, „ antwortete Robin, „aber zuerst
musst Du mir helfen.“ „Was hast Du denn für ein Problem.“ „Also,
da unten an der Hauswand ist ein Plakat und darauf ist eine Frau und die
sagt etwas, was ich nicht verstehe.“ Robin kramte sein Logbuch aus der
Tasche und buchstabierte. „
F-a-s-h-i-o-n f-o-r
f-a-c-e-s„ Das ist englisch erklärte der Mann und heisst übersetzt Mode für
Gesichter. Fashion ist Mode, also die Kleider „, Ja, ja ich weiss doch
was Mode ist. „for“ heisst für. Frau Ruge hat aber gesagt es heisse
„vor“. Ja auf englisch heisst es for, aber auf deutsch heisst es für.
Mhh. Und faces heisst Gesichter. Face ist ein Gesicht. Faces ist Mehrzahl,
also Gesichter, mehrere. Es war aber nur eins drauf. Von der Frau die fast
keine Haare hatte. Die war aber wahnsinnig geschminkt. „ „Ja, ich habe
es auch gesehen“. Dann heisst das also Mode für Gesichter.
Genau. Aber was heisst den das. Es heisst, dass die Zigarettenmarke
für die das Plakat wibt, sehr modisch sein soll fürs Gesicht. Aber Mode
, das sind doch Kleider. Ja, wenn Du willst sind das Kleider fürs
Gesicht. Es heisst aber für die Gesichter. Mehrzahl. Und was hat das mit
der Zigarette zu tun. Die wollen damit
sagen, dass die Zigarette unheimlich in ist und ein Gesicht
modisch, also sehr modern erscheinen lässt. Lässig.“ „Das sieht man
aber nicht“. Die Frau sieht doch ziemlich krank aus“. „Ja, du hast
recht.“ Das ist ja aber nur Werbung, verstehst Du? „Nein“.
Diejenigen, die das Plakat da aufgehängt haben, die wollen damit diese
Zigaretten verkaufen. „Weshalb schreiben sie denn nicht, kauft diese
Zigarette.„ „Das könnten sie ja auch schreiben, aber sie haben das
Gefühl, dass sie mehr von der Marke verkaufen, wenn sie das nicht
schreiben, sondern wenn sie eben schreiben, Fashion for faces, Mode für
Gesichter. „ „Wie soll denn jemand merken, dass man die Zigarette
verkaufen will?“ Das ist doch völlig klar, oder.?„ „ Mir jedenfalls
nicht.“ „Zum Glück“ sagte der Mann und lachte. „Und Du
bist also aus der Schweiz extra hierher gekommen, wegen diesen
Raupen.“ forschte Robin weiter. „Nein, Nein, aber willst Du mir jetzt
helfen solche Raupen zu finden? „ „ Na gut, wenn es sein muss.“.
Robin ging sogleich ein Stück weit in die hohen Sträucher und schaute um
sich. Er wusste aber eigentlich gar nicht, wo er anfangen sollte mit der
Suche, denn es waren da ja eine Unmenge von Büschen und Pflanzen. „Weisst
Du noch, wie die wilde Möhrte aussieht“ fragte der Mann. Robin hielt
ein, schaute zurück an den Ort, wo sie die andere Raupe gefunden hatten
„Na die mit den weissen Blumen“ „Genau“. Robin suchte eine Weile,
dann aber war ihm die Lust vergangen. „Ich muss jetzt gehen“ sagte er.
„Was trägst Du denn da unter dem Arm „ Robin zeigte seine
schwarze Geldkassette. „Eine Schatztruhe.“ „Ist da was drin?“,
„Nein, noch nicht, ich habe sie erst heute gefunden, den Schatz muss ich
zuerst noch suchen.“ „Na, du wirst ihn bestimmt finden.
„Tschüss“. Robin marschierte durch das hohe Gras zum Übergang der
Strelitzerstrasse, sprang über den Zaun und setzte sich da hin.
Eigentlich wollte er ja noch gar nicht nach hause gehen. Als er sich
umdrehte, bemerkte er, das der Mann auch ein Buch in der Hand trug und da
Dinge hineinschrieb, während er ganz gemächlich über den Mauerstreifen
marschierte, immer wieder stehe blieb und auf den Boden guckte. Er hatte
also auch ein Logbuch. Robin nahm sein Logbuch und schrieb da hinein.
„Mann gefunden, der auch ein Logbuch hat.“ Schliesslich kehrte der Mnn
um, trat zu Robin und setzte sich neben ihm auf den dicken Balken des
niedern Zuns. Beide schauen eine Weile wortlos über den Grenzstsreifen.
„Was hast Du da in Dein Buch geschrieben“ fragte Robin. „Nichts
wichtiges, einfach so was da am Boden lag.“ Mhm. „Was lag denn da am
Boden.“ der Mann nahm sein Buch hervor und las vor: „Ein
Zigarettenpaket Camel, eine Plastikgabel von einer Pommes-Portion, eine
Glasscherbe, ein Büschel Haare, eine zerknüllte, verwehte Zeitung auf
der eine Anzeige zu sehen war mit dem Titel „Brennessel-Kapseln gegen
Arthrose, Löwenzahn, Beifuss, Kanadisches Berufskraut, Spitzwegerich,
Raygras, Blasenstrauch, virginische Nachtkerze, Bierbüchse, Rainfarn,
drei Alubüchsen Ice-tea, eine Bierflasche Schultheiss, eine
Zigarrettenpaket Marlboro, ein Eispapier Magnum und noch ein
Zeitungsblatt. Darauf war ein Artikel über Larry Hagmann. “ der Mann
schaute von seinem Buch auf. „
, Kennst Du den Mann. „ „Nein“ antwortete Robin. „Na das ist doch
der Bösewicht aus Dallas, „ Ach so ja, ja, der mit dem fiesen Gesicht
und dem Cowboyhut, ja meine Mutter schaut das manchmal.„ „Also in dem
Artikel stand also : „Dallas Star bekam neues Organ von verunglücktem
Drogenabhängigen. Dann die Schlagzeile : Mit seiner Leber lebt Harry
länger.„ „Der hat also eine neue Leber „ erhalten? wunderte sich
Robin. „Kann man denn einfach alles rausschneiden und neu einsetzen,“
Ja, fast alles,“, Das Herz auch, „ ja auch das Herz, aber den Kopf
nicht, nein noch nicht. „ Und weshalb den Kopf nicht, ja weil das
wahrscheinlich zu kompliziert ist, und wer wollte schon mit dem Kopf eines
Drogenabhängigen herumlaufen, wo er doch Schauspieler ist, es würde ihn
ja niemand mehr erkennen. „Ja, hast recht“ „Und weshalb schreibst Du
das alles auf?“ forschte Ronin weiter. „Weshalb schreibst Du denn
alles in Dein Buch?“ fragte da der Mann zurück. „Das sag ich nicht“
Die beiden sassen eine Weile schweigend da, Zur Linken sahen sie die alten
Berliner Häuser aus der Jahrhundertwende, mit den hohen Fenstern, in
denen ein Kreuz zu sehen war und zur rechten die neuen Blöcke des Westens
mit den ungetielten Fentsren und den Balkonen. Nach einer Weile fragte der
Mann: „ Kannst Du mir sagen, was der Unterschied ist zwischen diesen
Häusern da, und er zeigte zu den alten Osthäusern und denen da, dabei
schwenkte er den Arm zu den Westhäusern hinüber. Robin verglich eine
Weile die beiden Haustypen. Dann sagte er: „Also die Häuser sind alt,
sie sind graubraun und diese Häuser da sind modern und haben orange
Balkone und haben eine graue Mauer. „ Ich meine nicht die Farbe, nehmen
wir an die wären alle gleich gestrichen, was wäre dann der Unterschied?
„ Robin schaute erneut, stellte sich vor, dass sowohl die alten Häuser
als auch die modernen, dieselbe Farbe hätten, schaute hin und zurück.
„Also mir gefallen die alten Häuser“. „Ja, aber was ist denn der
Unterschied.“ „Wir haben eine schöne Wohnung, auch ohne Balkon“,
„Ich wohne ja auch in einem solchen alten Haus, aber ich wollte ja nur
wissen was der Unterschied ist, etwas ganz wichtiges?“ „Etwas
wichtiges“, Haben sie andere Hausnummern, „Ja schon , aber ich meine
nicht das“ Also mir fällt nichts mehr ein.“ Schau mal oben am
Haus“, Und nun bemerkte es Robin. Jetzt hab ichs, Auf den Osthäusern
sind viele Kamine und Antennen. Ja und was noch. „ Also jetzt weiss ich
nichts mehr. Sags Du doch. „ „Die Osthäuser haben richtige Dächer,
die Westhäuser sind dachlos, flach.“ Robin musste zugeben, dass der
Mann recht hatte. Er ärgerte sich, dass er das nicht gesehen hatte, aber
jetzt fiel es ihm umso deutlicher auf. Es war wahr, es schien als fehlte
den Westhäusern oben etwas. „Und weshalb hast Du mich das gefragt“
„Nur so“. Mhm. Also ich muss jetzt gehen verabschiedete sich Robin.
Zuhause fragte Robin seinen Vater was „for“ auf englisch heisse. Und
der Vater sagte es heisse vier. Es gehe auf englisch so : One
two three for five. Robin dachte bei sich, dass man sich auf niemanden verlassen können.
Nun musste er einen echten Engländer fragen. Morgen, dachte er vor dem
Einschlafen, kommt vielleicht eine königliche Galleone an, und dann frag
ich den Kapitän.
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